Osterrönfeld - Wenn die Sonne zum Gottesdienst durch das farbige Michaelisfenster über den Altar und die Kanzel auf den neuen Boden der St. Michaeliskirche in Osterrönfeld scheint, geht Astrid Halver „das Herz auf“. Immerhin stehen die Regenbogenfarben als Zeichen für die Liebe Gottes und sie sei jedes Mal wieder erfreut über das Lichtspiel, das in norddeutschen Sommern rar gesät sei.
Seit zwölf Jahren ist die 64-Jährige Pastorin in der Kirchengemeinde Osterrönfeld, nachdem sie vorher 25 Jahre die gemeinsame Pfarrstelle mit ihrem Ehemann, Pastor Henning Halver (Ökumenische Pfarrstelle im Kirchenkreis), in Wacken besetzt hatte. Als gebürtige Kulmbacherin (Oberfranken) sei sie damals der Liebe wegen in den Norden gezogen.
Sie erinnert sich gern an die Anfänge in Osterrönfeld, wo ihr bei der Begrüßung der Gottesdienstbesucher auch mal herausgerutscht sei, dass sie diese herzlich willkommen in der Heiligen-Geist-Kirche in Wacken begrüßen würde, obwohl sie in der St. Michaeliskirche stand. Doch den Wechsel in die Kirchengemeinde habe sie nie bereut: „Der Propst würde sagen, Gott passiert hier. Dazu passiert hier auch noch die Welt — im doppeldeutigen Sinn, denn wir leben ja an einer Passage, man trifft viele Urlauber am Kanal.“ Sie und ihre Kirchengemeinde würden zum „Passieren“ in der Kanalregion beitragen. In ihrer Arbeit ist es Pastorin Halver immer sehr wichtig gewesen, in Kontakt zu den Menschen zu sein, dazu gehöre auch, dass im Gemeindezentrum etwas los sei. Die Ruhe während der Sommerferien habe ihr nie gut gefallen. „Es macht einfach Spaß, wenn man reinkommt und die Kinder hört oder herumflitzen sieht“, sagt die dreifache Mutter, deren Kinder heute erwachsen sind.
Begegnungen mit Menschen hätten ihre Zeit als Pastorin besonders geprägt, viele seien ihr gegenüber erst vorsichtig eingestellt gewesen, das hätte sich aber schnell gelegt und schöne Gespräche voll Vertrauen seien mit der Zeit erfolgt. Auch der Kontakt mit den Jugendlichen im Konfi-Camp sei ihr immer ein besonderes Anliegen gewesen, das sie jetzt vermissen wird. Und: „Das Wacken Open Air ist von zwei meiner ehemaligen Konfirmanden ins Leben gerufen worden!“
Ihre Aufgaben im Kirchenkreis, ihr Engagement während des noch laufenden Umstrukturierungsprozesses oder die Zeit, in der sie stellvertretende Vorsitzende des Kirchenkreisrates gewesen sei, sind Eckpunkte ihrer Arbeit, die ihr in Erinnerung bleiben werden. „Es macht mir einfach Freude, auch über den Kirchturm hinaus zu gucken“, sagt Halver. Sie möge es gar nicht sagen, aber Gremienarbeit macht ihr ebenfalls viel Spaß. „Dinge, die sich entwickeln, möchte ich immer mitgestalten“, so die Pastorin, die seit Beginn ihrer Amtszeit Vorsitzende des Kirchengemeinderats ist.
Daher hat sie auch ein großes Projekt in den letzten Jahren begleitet, die 2013 begonnene, aber bereits 2011 geplante, Renovierung der St. Michaeliskirche. „Die Zeit der Renovierung war sehr dominant“, erinnert sie sich. Und abgeschlossen sei längst noch nicht alles. Die Mitgestaltung habe ihr aber viel Freude gemacht. „Ich habe immer jede Menge Ideen“, stellt sie fest, doch jetzt im Ruhestand wolle sie mal all das machen für das bisher zu wenig Zeit gewesen sei. „Eigentlich sind das nur Kleinigkeiten. Ich würde einfach gern mal für ein paar Tage wegfahren, ins Konzert oder Theater gehen. Oder einfach nur mal Freunde treffen.“ Nach dem Auszug aus dem Pastorat in Osterrönfeld nach Westerrönfeld, wo sie gemeinsam mit ihrem Mann ihren Ruhestand verbringen möchte, gebe es auch dort noch jede Menge zu tun.
Ein Jahr wolle sie mal nichts tun, dann könne sie sich aber auch vorstellen, mal wieder zu predigen. „Ich feiere gern Gottesdienste und predige gern“, sagt Halver. In die Vorbereitung hätte sie immer viel Zeit und Kraft gesteckt, aber Kirche lasse sich eben nicht ökonomisch rechnen. „Ich war immer eine Nachtarbeiterin“, sagt die Gemeindepastorin. Daran können sich auch ihre Gemeindeglieder erinnern, die im Gemeindebrief schreiben, dass sie nachts bei der Fahrt durch Osterrönfeld oft Licht im Arbeitszimmer des Pastorates brennen sahen.
Jetzt zum Ende ihrer Amtszeit, hätte sie noch viele Anrufe. „Einige rufen an und sagen, dass ich dies oder jenes unbedingt noch machen solle, solange ich noch da sei“, sagt Halver. Das tue natürlich sehr gut. Die Verabschiedung bei der evangelischen Kita „Bahndammzwerge“ ist bereits am 18. September mit einem eigenen Fest gefeiert worden. Neben ihren pastoralen Aufgaben gehörte auch die Dienst- und Fachaufsicht gegenüber den Mitarbeitenden der evangelischen Kindertagesstätte sowie die Personalzuständigkeit für die Leitung des Jugendprojektes Lukashaus von 2008 bis 2016 zu ihren Aufgaben.
Ihre Gemeinde empfand ihre Predigten laut Kirchengemeinderat immer als leidenschaftlich. Eine Sache ist ebenfalls Astrid Halvers Leidenschaft: Sie singt für ihr Leben gern, vor allem im Kanon. „Ich hoffe sehr, dass mir zum Abschied ein Kanon gesungen wird“, sagt sie. Da ihr Abschiedsgottesdienst so spät am Tage stattfinde, werde das Licht wahrscheinlich nicht durch das Michaelisfenster scheinen. „Dafür haben wir aber eine Notlösung. Wir haben eine Lampe hinter dem Fenster montiert.“
Propst Matthias Krüger wird Pastorin Astrid Halver am Sonntag, 23. September, im Gottesdienst von ihrem Amt entpflichten. Um 17 Uhr sind alle in die St. Michaeliskirche in Osterrönfeld eingeladen.