Eckernförde – Das 500. Reformationsjubiläum ist gefeiert. Aber was bleibt? Wie sieht die Zukunft aus? Propst Sönke Funck hielt zu diesem Thema seine Festrede beim Jahresempfang des Kirchenkreises Rendsburg-Eckernförde am vergangenen Montag (4. Dezember) in der Eckernförder St.-Nicolai-Kirche.
Immer zu Beginn des neuen Kirchenjahres lädt der Kirchenkreis ein. Synodenpräses Pierre Gilgenast begrüßte rund 180 Gäste aus Politik, Gesellschaft und Kirche. Er lobte die gute Zusammenarbeit zwischen Kirchen- und Kommunalgemeinden. Vor Ort werde „Hand in Hand gearbeitet“. Auch dankte er allen, die ihre Zeit der Kirche widmen. „Unsere Kirche ist eine lebendige Kirche“, meinte er. Das vergangene Jahr sei ein „aktives und lebendiges Jahr“ geprägt vom Reformationsjubiläum gewesen. Aber: „Wie reformieren wir unsere Kirche zukünftig?“, fragte Gilgenast. „Versteht die junge Generation noch unsere Liturgie?“
Von „Glühwein- und Bratwurstseligkeit“ auf Weihnachtsmärkten, die vor Terror mit Sandsäcken geschützt werden, und der manchmal krampfhaft ersehnten adventlichen Behaglichkeit im Privaten sprach Propst Matthias Krüger in seinem geistlichen Impuls. Für ihn heißt Advent, dass Gott kommt. „Ich weiß nicht wann und wie, aber er kommt“, sagte er. Und das verändere sein Leben.
„Auf die nächsten 500 Jahre. Reformation ist immer.“ lautete der Titel der Festrede von Propst Sönke Funck. Das Reformationsfest sei in der Gesellschaft wahrgenommen worden. „Das Interesse an der Person Martin Luther und der Reformation mit ihren Auswirkungen bis heute wurde geweckt.“ Aber: „Hat es etwas gebracht?“ Funck zitierte Landesbischof Gerhard Ulrich: „Die Wiederentdeckung des Evangeliums, die Aufdeckung der Erlösungsbedürftigkeit der Welt, die vitale Sprache des Glaubens, auch als Stimme für das Leben und für die Erniedrigten gehören zu den weiterhin wirksamen reformatorischen Impulsen. Es bleiben auch die guten Erfahrungen am Reformationstag 2017 selbst: die überfüllten Kirchen, die vielen Menschen, mit denen wir gar nicht zu rechnen gewagt hatten, die aber etwas verstanden hatten von der Botschaft der Reformation – ob sie an eine Konfession gebunden sind oder nicht!“ Funck ließ aber auch die Kritiker zu Wort kommen. „Martin Luther ist uns heute fern und fremd“, so der Kirchengeschichtlicher Heinz Schilling. Er zitierte auch die Journalistin Christiane Florin vom Deutschlandfunk: „Die Kirchen hätten es sich im Reformationsjahr zu einfach gemacht: Zu wenig ringend, zu wenig ernsthaft, zu wenig geistesgegenwärtig. Toleranz, miteinander reden, irgendetwas gegen die AfD und fürs Grundgesetz, das ist so breit anschlussfähig wie eben der putzige Playmobil-Luther. Die Bischöfe würden kritische Fragen weglächeln, ein verzweifelter Gute-Laune-Ton mache sich breit. Die Kirche zwischen Scheinriesentum und Selbstverzwergung.“ Für Funck folgt daraus, dass die Kirche weiterhin reformatorisch sein muss. Er formulierte fünf Thesen für die Zukunft, wobei er im Wesentlichen dem Berliner Theologen Christoph Markschies folgte.
Erstens: „Dass nicht unser menschlich-kirchliches Handeln, nicht all unsere angestrengten Reformbemühungen gestern, heute und morgen entscheidend sind.“ Stattdessen meinte er, dass wir Gott selbst als Handelnden verstehen sollten. Er forderte eine „aufmerksame Kirche“. „Wir sollten wieder achtsam werden für die biblischen Texte und Geschichten, die wir doch so gut zu kennen glauben. Sie neu entdecken, als hätten wir sie noch nie gehört.“
Zweitens: „Wir sind nur dann reformatorische Kirche im eigentlichen Sinne des Wortes, wenn wir lernen, wieder aufmerksamer auf das ganze Evangelium in beiden Teilen unserer Bibel zu hören, achtsamer aus dem Evangelium zu leben und damit auch achtsamer und barmherziger gegenüber denen zu werden, an die es sich besonders wendet: Arme, Flüchtlinge, Frauen, Kinder, Kleine und Benachteiligte.“
Drittens: Funck sprach sich dafür aus, sich bei den Prognosen künftiger Entwicklungen von Kirche nicht zu übernehmen. „Wir bleiben insofern Volkskirche, als unser Auftrag sich an alles Volk richtet.“ Außerdem ist er überzeugt, dass die Kirche die großen Herausforderungen der Zukunft noch stärker gemeinsam und ökumenisch angehen sollte. „Nicht etwa in einer wiedervereinigten Großkirche, sondern in der versöhnten Verschiedenheit, die es zum Beispiel konfessionsverschiedenen Paaren möglich macht, gemeinsam das Abendmahl zu feiern.“
Viertens: Funck fordert, „uns von der ökumenischen Dynamik dieses Reformationsjahres 2017 weiter herausfordern lassen“. Und er mahnte, dass die Kirche sprechfähiger werden müsse. „Wir dürfen diese gemeinsame Aufgabe, sprachfähig für unseren Glauben zu sein und wieder neu werden, nicht einfach an die Experten, also an die Pastorinnen und Pastoren oder sonstiges hauptberufliche Bodenpersonal unseres Gottes delegieren.“
Fünftens: „Wir sind nur dann reformatorische Kirche im eigentlichen Sinne, wenn wir uns inmitten unserer vertrauten Worte auch neue Sprache schenken lassen.“
Musikalisch begleitet wurde der Jahresempfang von Trio Uno Duo unter Leitung von Kirchenmusikdirektorin Katja Kanowski mit Klängen für Fagott, Violoncello und Klavier.