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Kinder erkunden Kirche

  • Gruppenbild mit Kofferinhalt
    Ulrike Nordmann (ganz links) und Rebecca Timmermann (daneben) erlebten mit ihren Fünftklässler*innen Kirche mal anders. Den Kirchenkoffer erstellt haben unter anderem Silke Lohmeyer (zweite von rechts) und Ulrike Taege (vierte von rechts).

Rendsburg – Warum liegt eine Bibel auf dem Altar? Was sieht man auf den hübschen bunten Kirchfenstern? Wie verhalte ich mich richtig in einer Kirche? Kinder haben viele Fragen, auch in einem Kirchraum. Der Kirchenkoffer in St. Marien in Rendsburg beantwortet die Fragen nicht, lädt aber ein, nach Antworten im Kirchraum zu forschen. Ohne „Richtig“ und „Falsch“, dafür aber mit viel Entdeckerfreude.

Entstanden ist der Koffer nach einer Anfrage der Fachschaft Religion von der Herderschule Rendsburg. Gewünscht wurde ein außerschulischer Lernort, an dem die Kinder Kirche mit allen Sinnen erfahren können. Ein engagiertes Frauen-Team hat sich zunächst einen vergleichbaren Koffer aus Schleswig angeschaut und sich dann die Zeit genommen, das Projekt in enger Abstimmung mit Lehrkräften, Eltern und nicht zuletzt Schülerinnen und Schülern zu entwickeln. Das Material bietet Kursen der Jahrgangsstufen 5 bis 7 mit bis zu 30 jungen Menschen die Möglichkeit, Kirche anders zu erleben. Dafür wird mindestens eine Doppelstunde gebraucht. Das Projekt steht anderen weiterführenden Schulen offen.

Fünf Schülerinnen und Schüler haben das Ergebnis nun unter anderem der Schulleiterin der Herderschule, Rebecca Timmermann, live in der St. Marien-Kirche gezeigt. Mathis K., Thies N., Justus P., Niklas F. und Laura D. (5. Klasse) kennen den Koffer schon, gehörten sie doch zu einer der Testgruppen. Die erste Station besteht aus Karten, auf denen sich die Do’s and Don’ts finden. In der Kirche essen, trinken, rennen und laut sein? Oder eher leise sprechen, Rücksicht auf andere nehmen, abgesperrte Bereiche nicht betreten? Spielerisch tauschen sich die jungen Menschen aus und legen die Karten erst in Stapeln zusammen, um dann festzustellen: Die großen bunten Buchstaben darauf ergeben – in die richtige Reihenfolge gebracht – ein Wort. Alle gewünschten Verhaltensweisen zusammen ergeben ein Wort, die anderen Karten ein anderes. Welche Worte das sind? Verraten wird das hier nicht.

Vorne im Kirchraum teilt sich die große Gruppe in kleinere auf und jede Kleingruppe bekommt Impulskarten: Eine beschäftigt sich mit dem Taufbecken, eine andere mit den Fenstern, die nächste klettert auf die Kanzel, eine vierte erkundet den Altar und eine weitere den Andachtsbereich. Auf den Karten stehen Informationen und Fragen, die sich oft auf die eigenen Erfahrungen und Perspektiven beziehen: Was beeindruckt euch besonders am Altar? Habt ihr schonmal ein Abendmahl im Gottesdienst erlebt? Warum würdet ihr hier eine Kerze anzünden? Wie wirken die Evangelisten auf den Fenstern auf euch? Dabei gibt es keine richtigen oder falschen Antworten – aber manchmal lustige: „Ich finde, die Evangelisten sehen aus, als stehen sie nur rum und langweilen sich“.

Einig sind sich die fünf jungen Menschen in einer Sache: Lernen macht auf diese Art sehr viel mehr Spaß! Mathis findet, so könne man viel mehr über Hintergründe erfahren: „Sonst sitzt man ja eher in den Bänken, singt oder hört dem Gottesdienst zu. Aber wir konnten nun neue Sachen entdecken, die wir sonst vielleicht gar nicht gesehen hätten. Dadurch bleibt das Wissen auch ganz anders hängen!“ „Viel besser als Schule“, findet auch Niklas und fügt hinzu: „Ich hätte aber gern noch etwas mehr über diese Kirche als Bauwerk erfahren.“

Ulrike Nordmann von der Fachschaft Religion der Herderschule ist immer noch begeistert von der Offenheit in der Kirche: „Die jungen Menschen dürfen hier ja wirklich fast überall hin und auch alles Mögliche ganz aus der Nähe anschauen. Wir haben durch den Testlauf aber auch schon ein paar Dinge gelernt. Zum Beispiel, dass wir vorab klären müssen, dass die Handys erstmal in der Tasche bleiben. Eine Testgruppe hat nämlich erstmal eine kleine Fotosafari in der Kirche gestartet!“ Zum Teil bleiben nach der Kirchenerkundung mit dem Koffer Fragen offen, die in den Wochen danach im Unterricht besprochen werden können. Aber auch eine weitergehende Bearbeitung von Fragen rund um die Religion werde so angeregt, sagt Nordmann: „Die Unterschiede zwischen katholischer und evangelischer Ausrichtung haben wir im Nachgang beispielsweise besprochen.“

Schulleiterin Timmermann zeigte sich tief beeindruckt von dem vielen Wissen, das sich die jungen Menschen angeeignet haben: „So wie diese Kinder vor lauter Wissen sprudeln, so soll lernen sein! Die identifizieren sich ganz anders mit dem, was sie erfahren haben. Schule braucht mehr solcher Begegnungen mit Lernorten außerhalb der eigenen Mauern. Diese freie Bewegung im Raum, ohne Lerndruck, das ist ideal.“ Sie freue sich sehr über dieses Projekt und vor allem: „Ich bin so dankbar dafür, dass das hier möglich ist, die viele Arbeit, das große Engagement, die Leidenschaft und die Zeit, die das Kofferteam in dieses Projekt gesteckt hat, ermöglichen unseren Schülerinnen und Schülern, Kirche mit allen Sinnen zu erfahren.“

Das „Kofferteam“ besteht aus vier Ehrenamtlichen der Kirchengemeinde Rendsburg: Astrid Bantje (Prädikantin und Leitung Offene Kirche), Ulrike Taege (Öffentlichkeitsarbeit und Mitglied im Kirchengemeinderat), Silke Lohmeyer (Kirchenführerin) und Rotraut Ahlers (Leitung Offene Kirche). Alle haben jahrelange Erfahrung im Bildungsbereich und sind bereits seit langem als Ansprechpartnerinnen in der offenen Kirche aktiv. Kontakt zum Projekt: astrid.bantje@kkre.de.

Kirche im Norden