Sommer, Sonne und Humor - mit einem fröhlichen Glaubensfest haben knapp 20.000 Menschen am Pfingstsonntag in Ratzeburg die Gründung der Nordkirche gefeiert. Bundespräsident Joachim Gauck warb um Vertrauen für die neuen Wege. In der Nordkirche haben sich die Landeskirchen Mecklenburg, Nordelbien und Pommern mit knapp 2,3 Millionen Mitgliedern zusammenschlossen. Erstmals haben sich damit Kirchen der ehemaligen DDR und der alten Bundesrepublik vereinigt.
In der Nordkirche hätten sich nicht nur Ostdeutsche und Westdeutsche angenähert, sagte ein sichtlich gut gelaunter Bundespräsident im Ratzeburger Dom. Er selbst kenne noch als mecklenburgischer Pastor die "herzlichen Gefühle", die Mecklenburger und Pommern füreinander empfänden, formulierte Gauck süffisant. Sein vorformuliertes Manuskript legte er beiseite und sprach frei. Er stehe hier ohnehin nicht als Bundespräsident, sondern als "Christenmensch". Gauck: "Einmal Pastor - immer Pastor."
Viele Vorurteile über Ost und West seien inzwischen korrigiert, sagte der Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich in seiner Predigt. Die Christen aus dem Westen hätten gemerkt, dass es den Ostdeutschen bei der Fusion nicht um materielle Geschenke gegangen sei. Im Gegenzug habe sich das Vorurteil über "satte, unbewegliche West-Christen" erledigt. Manches Sprachproblem sei aber geblieben: So hätten Niederdeutsche aus Nordelbien und Mecklenburg immer noch Probleme mit dem pommerschen Platt.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) mahnte dagegen, eine solche Kirchengründung nicht zu überschätzen. Entscheidend für das christliche Leben sei die Nähe der Gläubigen zu ihrer Kirche - "nicht der Name, der darüber steht." Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider begrüßte die Nordkirche als "neues Boot im Flottenverbund der EKD".
Der Festgottesdienst zeigte eine offene und freundliche Kirche. Unter dem Motto "Segel setzen" wurden drei große Segel tänzerisch im Altarraum zusammengeführt, um die Kirchenfusion zu veranschaulichen. Die Pfingstgeschichte wurde nicht aus der Bibel vorgelesen, sondern frei als lebendiges Erlebnis geschildert.
Im Anschluss kamen die Besucher zu einem gemeinsamen Mahl unter freiem Himmel zusammen. Rund 300 Pfadfinder verköstigten an weiß gedeckten Tischen 5.000 Gäste mit 10.000 Würsten, 500 Kilogramm Käse und 550 Kilogramm Erdbeeren.
Strahlendes Sommerwetter hatte dafür gesorgt, dass weit mehr Besucher als erwartet gekommen waren. In 60 Pagodenzelte im Park und am Seeufer informierten die Kirchenkreise und überregionalen Werke über ihre Angebote. Auf dem Marktplatz war eine 20 Meter lange begehbare Karte der Nordkirche ausgelegt, auf der die Besucher ihre Heimatgemeinde aufsuchen konnten. Wasser aus Duschen und Brunnen belebten die Kirchenfeier. Bläser spielten nicht nur in den Straßen sondern auch in einem Ruderboot auf dem Küchensee.
Da passte es, dass beim "Bischofstalk" vor dem Rathaus die Nordkirche neue Urlaubskirche präsentiert wurde. Rund 850 Kilometer ist die Küstenlinie an Nord- und Ostsee lang, Inseln und Halligen nicht mitgerechnet. Dazu kommen Mecklenburgische Seenplatte, Holsteinische Schweiz und die Metropole Hamburg. Menschen für spirituelle Fragen im Urlaub zu erreichen, sei einer der Arbeitsschwerpunkte der Nordkirche, sagte der Schleswiger Bischofsbevollmächtigte Gothart Magaard. Immerhin würden 40 Prozent der Deutschland-Touristen ihren Urlaub in der Nordkirche verbringen. (epd)