Unter diesem Slogan hat der Küsterarbeitskreis der Nordkirche wiederholt in diesem Sommer auf den Stellenabbau im Küsterwesen hingewiesen. Seit 1995 werden immer wieder Stellen abgebaut. 1995 gab es in der Nordelbischen Kirche 950 Vollzeit-Küster-Stellen. Heute gibt es in der gesamten Nordkirche nur noch 300 Vollzeit-Küster-Stellen. Marion Ratzlaff-Kretschmar, Vorsitzende des Küsterarbeitskreises, im Gespräch:
650 Stellen weniger in etwas mehr als 20 Jahren, wie kommt es zu diesem Stellenabbau?
Der „alte“ Küster geht in den wohlverdienten Ruhestand, wenn seine Stelle überhaupt wieder besetzt wird, dann nur mit weniger Stunden. Dann muss die gleiche Arbeit mit weniger Zeit erledigt werden. Der Grund ist wie so häufig die finanzielle Situation. Der Küsterarbeitskreis der Nordkirche will auf diese Entwicklung aufmerksam machen. Dafür haben wir unter anderem Kugelschreiber und Streichhölzer mit dem Slogan „Ohne Küster wird es düster“ produzieren lassen. Wir vom Küsterarbeitskreis der Nordkirche, den es seit 40 Jahren gibt, haben es uns zur Aufgabe gemacht dafür zu sorgen, dass es auch in Zukunft Küster gibt und das Berufsbild nicht noch mehr gesplittet wird.
Für viele ist der Begriff Küster nicht selbsterklärend. Was macht den Küster so wichtig?
Laut der Verwaltungsvorschrift von 2012 „...(sind) alle kirchlichen Gebäude und Einrichtungen und die Umgebung der Kirchengemeinde (…) regelmäßig auf Bau- und Sicherheitsmängel zu überprüfen“. Der oder die Küster_in schließt also nicht nur am Sonntag die Kirche auf und begleitet den Gottesdienst, er oder sie hat auch an den anderen vier Arbeitstagen viele andere wichtige Dinge zu erledigen. Dazu gehört zum Beispiel die Reinigung der Kirche unter Berücksichtigung der denkmalgeschützten Gebäude und Einrichtungsgegenstände, Tätigkeiten wie Kirchhof- und Grünpflege mit Winterdienst, die Vorbereitung diverser Veranstaltungen von der Planung des Einkaufs, dem Eindecken der Tische bis zur Endreinigung und dem Aufbau und der Bedienung von medialen technischen Gerätschaften. Eine Teilzeitstelle reicht da eigentlich nicht.
Also ist der Küster ein Hausmeister mit erweiterten Aufgaben?
Nein, die Aufgaben für Leviten sind seit über 2.000 Jahren festgeschrieben, sie beschreiben den würdevollen Umgang mit der Kirche, ihrer Umgebung und ihren sakralen Gegenständen. Küster wissen nicht nur, wann die Paramente (Textilien, die im Altarraum verwendet werden) gewechselt werden, sondern kennen die Bedeutung der Farben. Sie wissen, dass der Blumenschmuck auf dem Altar den Kreis des Lebens darstellt und deshalb keine Topf- oder Kunstblumen auf den Altar gehören. Sie wissen, dass alle Kerzen von den Altarkerzen bis zur Osterkerze für Jesus Christus stehen, wie die sakralen und denkmalgeschützten Gegenstände gepflegt werden, kennen sich mit dem Beheizen der Kirche aus, wissen über (Arbeits-)Sicherheits- und Hygienevorschriften Bescheid und vieles mehr.
Sie sagten eben, dass Küsterstellen nicht zwangsläufig neu besetzt werden oder nur mit weniger Stunden – wie können die Aufgaben denn dann noch bewältigt werden?
Dann kommen meist Ehrenamtliche zum Einsatz.
Woher wissen diese Menschen denn, was zu tun ist? Es klingt nicht so, als könne man das mal eben über Google in Erfahrung bringen?
Meist vom Küster, der sich über die Hilfe und Unterstützung auch freut. Wir Küster wissen genau, dass es nicht ohne Ehrenamtliche in der Kirche geht. Küster bilden sich ständig weiter, was für Ehrenamtliche häufig schwer zu leisten ist - wird der Küster durch Ehrenamtliche eingespart, weiß also in Zukunft niemand mehr, wie die Paramente gepflegt werden. Die Evangelische Kirche in Deutschland gehört mit zu den drei größten Arbeitgebern in Deutschland. Wer an die Kirche denkt, denkt auch ans Christsein! Christsein bedeutet aber auch, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeitenden von ihrem Lohn leben können. Wer allerdings seit 2.000 Jahren festgelegte Arbeiten heute ehrenamtlich oder auf 450,00 Euro-Basis erledigen soll, fragt sich ernsthaft: „Wo ist das christlich?“