Zur Navigation springen Zum Inhalt springen

Metal-Gottesdienst in Wackener Kirche

  • Das Foto zeigt (links) Pfarrer Gerald Warnecke aus Köln und Pastorin Petra Judith Schneider (rechts), die den Metal-Gottesdienst in der Wackener Kirche gestaltet haben. In der Mitte ist Propst Matthias Krüger zu sehen.

Beifall klatschen in der Kirche, geht das? Natürlich geht das, befanden einige, vermutlich weniger geübte Gottesdienstbesucher/-innen, die den "Preacher" (Prediger) Gerald Warnecke beim Wacken-Open-Air -Gottesdienst zunächst verhalten, dann aber lautstark begrüßten. Nach kurzem Zögern fielen alle Anwesenden in den Applaus mit ein. Und das blieb dann auch so bis zum Ende des Gottesdienstes. Deutliche Beifallsbekundungen per Händeklatschen für alle Lieder und Wortbeiträge

Mehr als 200 Menschen waren in der Dorfkirche der Gemeinde Wacken mit dabei. Das ehemalige Mitglied der Metal-Band Running Wild, der Kölner Pastor Gerald Warnecke predigte gemeinsam mit der Gemeindepastorin Petra Judith Schneider.

Mit E-Gitarre eröffnet Warnecke den Gottesdienst. Er improvisiert zu "....for the love of god" (....für die Liebe Gottes) von Steve Vai. Ein instrumentales Stück, das für sein anspruchsvolles Gitarrensolo bekannt ist. Das kommt gut an.

Ein einzelner Besucher, der bereits bei der Begrüßung auf sich aufmerksam machen will, wird direkt angesprochen: "du singst doch mit !" Damit ist er ebenso wie die Gemeinde zur "Liturgischen Eröffnung" eingeladen und stört nicht mehr. "In the name of the father, the son, the holy spirit..."  (im Namen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geistes…) wird gemeinsam intoniert, unterstützt von der kraftvollen Stimme von Rodrigo Scelza. Der Metal-Musiker ist eigens zum Festival aus Rio de Janeiro angereist und Freund Warneckes.

Musikalisch unterstützt wird Warnecke durch Johanna Heesch am E-Cello. Sein Hinweis, wir kennen uns seit drei Wochen und haben uns gerade zum ersten Mal gesehen, wird als Ausrede nicht benötigt. Das Zusammenspiel klappt perfekt. Voller Sound, aber bei angenehmer Lautstärke.

Ein Missverständnis mit dem Techniker, veranlasst Warneke zur Zusage: "das gibt ´n Bier von mir, Mac" und damit ist endgültig klar: dieser Gottesdienst ist anders. Und so ist es dann auch: Die Texte der Lieder sind englisch. Teils werden die Lieder von eingespielter Musik begleitet. Alle werden zum mitsingen, zum aufstehen und sich bewegen aufgefordert. Und das klappt ziemlich gut.

Die Lesung (LK 18, 9-14) übernimmt Stefan Link, der Jugendpastor des Kirchenkreises Rendsburg-Eckernförde zu dem die Gemeinde Wacken gehört. Das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner illustriert das Thema des Gottesdienstes: "saints and sinners" (Heilige und Sünder).

Aber was sind denn eigentlich Heilige, fragt die Predigt. Menschen mit so tiefen Glauben in ihrem Herzen, dass sie uns allen als Vorbild dienen sollten? Warum dürfen wir uns nicht über andere erheben, wie der Pharisäer im Gleichnis? Warum glauben Menschen, Heilige würden als Mittler gegenüber Gott benötigt, wo wir doch Jesus haben?
Die Botschaft der Predigt ist klar. Vor Gott sind wir stets beides, Sünder und Heilige. Gott macht uns heilig, weil er uns liebt, auch wenn wir Sünder sind.

Nach dem Gottesdienst sagt der Baptist Scelza im Gespräch, die Bedenken bei der Vorbereitung, die Musik könne sich in den Vordergrund drängen und die Botschaft unklar werden, seien unnötig gewesen. Es gebe eine starke Verbindung zwischen dem christlichen Glauben und der Metal-Musik.
Die gespielten Titel „Angel“ von Judas Priest und „Saints´s ´N Sinners“ von Whitesnake scheinen ihm Recht zu geben.
Aber nicht alle Metal-Inhalte sind mit dem Glauben vereinbar, befindet Warnecke im Gottesdienst. Doch manchmal sei Metal spirituell. Oft ginge es um religiöse Themen, wie die Idee einer unerlösten Welt und die Hoffnung dahinter, dass alles auch anders sein könnte.

Trotz der für einen Gottesdienst ungewohnt lockeren Atmosphäre, fehlt es nicht an der Ernsthaftigkeit beim Vaterunser und dem Segen für die Gemeinde. Niemand klatsch hier Beifall. Ganz anders dagegen bei den Fürbitten um Frieden, Ehrlichkeit gegen andere und sich selbst, Offenheit gegenüber Fremden. Alles findet deutlich hörbare Zustimmung. So wie der Dank für das Festival und die Bitten für alle jene, die das Festival möglich machen.

 

Rechte bei Klaus Deuber/Nordkirche

Autor: Klaus Deuber

Kirche im Norden