Rendsburg – Gottesdienstgestaltung, Schöpfung, Kinderarmut – die Themen der 199 eingegangenen Thesen sind so vielfältig wie die Gesellschaft. Zum Teil widersprechen sich die Anliegen auch: Da wird gefordert, Kirche müsse sich mehr in die Politik einmischen; auf einer anderen Karte steht die Forderung, Kirche solle sich aus Politik heraushalten. Das gemeinsame Thesenprojekt von Kirche und Stadt hat 25 Rendsburger Thesen hervorgebracht, die nun in konkretes Handeln umgesetzt werden können.
Vier Wochen lang hatte die Kirchengemeinde St. Marien Rendsburg alle interessierten Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, Thesen zur Erneuerung von Kirche, Gesellschaft und Politik zu formulieren und zur Diskussion zu stellen. Die Kirchengemeinde hatte dafür Postkarten gestaltet und gedruckt, welche in Urnen geworfen werden konnten, die beispielsweise im Rathaus, in der Kirche oder in der Bücherei standen. Wem das zu umständlich war, der konnte die Postkarte auch in jeden Postkasten werfen – das Porto übernahm die Kirche. Zusätzlich waren engagierte Kirchenmitglieder und Vertreter der Stadt in den vier Wochen auch mit einer mobilen Thesentür auf Wochenmärkten und bei Veranstaltungen.
Die Schirmherren des Projekts, Propst Matthias Krüger und Bürgermeister Pierre Gilgenast, haben diese Thesen gemeinsam mit einer Kommission mit Mitgliedern der Kirchengemeinde, der Stadt und des ZeKiDs gelesen, zusammengefasst und kuratiert. „Ich war sehr neugierig auf das, was mich da erwartet“, berichtet Bürgermeister Gilgenast. Das Destillat der Arbeit sind 25 Rendsburger Thesen, die sehr unterschiedliche Antworten auf die ursprüngliche Frage „Was wollen Sie Kirche, Gemeinde oder Gesellschaft sagen?“ geben. Vorgestellt werden die Thesen im Gottesdienst am 19. Februar um 10:30 Uhr der Kirchengemeinde. Alle Thesen können auf der Webseite der Kirchengemeinde (www.st-marien-rendsburg.de) nachgelesen werden, die 25 Rendsburger Thesen sind auch auf www.kkre.de/gemeinden/st-marien-rendsburg zu finden.
Erfreulich waren die recht hohe Resonanz und die hohe Qualität der Beiträge. Es fand sich keine Karte, die dem Bereich „Hasskommentar“ oder ähnlichem zuzuordnen gewesen wäre, obwohl fast alle Karten anonym abgegeben wurden (auch bei den Vor-Ort-Terminen nahmen fast alle Interessierten die Karten mit). Randi Melander von Kirchengemeinderat St. Marien blickt zufrieden zurück: „Kirche war präsent und es kamen viele gute Gespräche zustande“. Das sei auch der erste Nutzwert, der aus dem Projekt gezogen werden könne, ergänzte Propst Krüger: „Das war eine tolle Idee von St. Marien und hat jetzt schon dazu geführt, dass sich viele Menschen mit der Frage beschäftigt haben, wie es um Gesellschaft, Kirche und Staat aus ihrer Sicht steht“.
Die Thesen sind inhaltlich bestimmten Themen- und damit auch Arbeitsbereichen zuzuordnen. Die Forderung nach mehr Mitmenschlichkeit kann nur der und die Einzelne befolgen, andere hingegen können in konkretes Handeln umgesetzt werden: Wenn Kirche sich stärker zu den Menschen hinbewegen soll, die Schöpfung bewahrt werden soll oder Konzepte gegen Kinderarmut gefordert werden. Für Bürgermeister Pierre Gilgenast steht fest, dass die Thesen in die städtischen Gremien eingebracht und dort nach Möglichkeit auch bearbeitet werden sollen: „Vorrangig scheint es den Menschen um die sozialen Aspekte zu gehen, ich sehe sie als Aufforderung an uns, den Themen und Anliegen nachzugehen“.
Auch die Kirchengemeinde St. Marien will sich inhaltlich mit dem auseinandersetzen, was da gekommen ist: „Wir hoffen, dass sich eine Arbeitsgruppe zusammenfindet, denn diese Anliegen können nicht nebenbei bearbeitet werden“, so Randi Melander. Auch Pastor Karstens nimmt Anliegen mit in seine Arbeit: „Wir haben schon häufiger über die Gestaltung der Gottesdienste gesprochen aber die Vielzahl der Karten zu diesem Thema zeigen, dass wir uns der Frage erneut widmen müssen“. Propst Krüger sieht den Kirchenkreis beim Thema schon recht gut aufgestellt: „Mit der Tourismuskirche, der Diakonie oder der Pflege LebensNah sind wir als Kirche sehr nah bei den Menschen. Viele unserer Kirchengemeinden bieten auch neuartige Gottesdienstkonzepte an. Vielleicht müssen wir das aber noch besser vermitteln“.