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Blinde macht Jagd auf den Frieden

  • Bild: Nur ein Teil der Verantwortlichen für den gelungenen Jugendgottesdienst: Hinten von links nach rechts: Christian Schröder (aka Frieden, Jugendkirche), Laura Wiebke Bestmann (die Blinde, Jugendkirche), Jugendpastor Stefan Link, Diakonin Petra Kammer, Sarah Bundtzen (Predigt, Kirchengemeinde Hütten), Fenja Heidenreich (Jugendkirche). Vorne Carla Becherle, Ilvy Engel und Johanna Neupert (Fürbitten, alle drei Kirchengemeinde Hütten).

Rendsburg – „Search & Rescue“ lautete das Motto des Kirchenkreis-Jugendgottesdienstes am Sonntag in der Christkirche. Wer sich vor der Hitze draußen retten wollte und auf der Suche nach einem angenehm kühlen Ort war, der fand ihn in der Garnisonskirche. Der Einladung zum Jugendgottesdienst folgten rund 80 Menschen, darunter nur wenige Erwachsene, aber viele Jugendliche. So soll es ja auch sein, denn es war ihr Gottesdienst, der dort gefeiert wurde. Vorbereitet wurde das Projekt von den Kirchengemeinden Borby, Büdelsdorf, Hamdorf, Hohn, Hütten, Nortorf, Owschlag und Wacken sowie der Evangelischen Jugend, der Jugendkirche, Face to Face und dem Grünen Haus.

Und nicht immer verderben viele Köche den Brei, manchmal kommt auch ein großartiges Menü dabei heraus. Jugendpastor Stefan Link und die Diakoninnen Petra Kammer und Antje Lorenzen sprachen zu Beginn, Link erklärte kurz den Ablauf und betreute die den Gottesdienst begleitende Bildschirmpräsentation, den Rest übernahmen die Jugendlichen selbst. Die Musik kam von der Band der Jugendkirche Rendsburg, die Liederauswahl insgesamt etwas weltlicher orientiert (u.a. mit „one of us“ von Joane Osborne), die Texte zum mitsingen an die Wand geworfen. Eben alles etwas moderner, etwas frischer als es sonst so in der Kirche zugeht.

In szenischen Darstellungen nährten sich die Jugendlichen dem Thema des Gottesdienstes an, der Jahreslosung „Suche den Frieden und jage ihm nach“ aus Psalm 34: Darstellungen von Streit und Kampf, gefolgt von der Frage, ob es den Frieden geben kann, ohne den Unfrieden. Ob es Licht ohne Schatten geben kann, schwarz ohne weiß? Und nicht zuletzt die Frage, wie man denn den Frieden jagen soll? Ein Jäger (gespielt von Daniel Homeister, der mit seinem Gewehr auf der Jagd einer Blinden (gespielt von Laura Wiebke Bestmann) begegnet, die ihrerseits auf der Jagd nach dem Frieden (dargestellt von Christian Schröder) ist. Der Jäger macht sich auf die Blinde zu begleiten, entdeckt den Frieden, legt an… Aber der Frieden flüchtet rechtzeitig, die Blinde schimpft, um ihren Jagderfolg betrogen.

Dann hörte die Gemeinde in der Christkirche den ganzen Psalm, aus dem der Vers mit der Jahreslosung stammt. Viele Jugendliche trugen einzelne Zeilen und Verse aus verschiedenen Ecken vor, sodass der Text förmlich den ganzen Raum erfüllte. In der anschließenden Kommentierung des Psalms fand Laura Wiebke Bestmann von der Jugendkirche klare Worte: „Wenn ich diesen Psalm höre, sehe ich einen unehrlichen schwachen David, einen Suchenden, noch immer nicht angekommen, fehlerhaft, keineswegs perfekt“. Bestmann widerlegte prägnant absolute Aussagen des Psalms wie ‚Den Gottlosen wird das Unglück töten‘ (Ps 34,22): „Haben die Gottlosen es denn nicht gerade nötig? Das ist ja so, als würde ein Arzt nur noch Gesunde in seine Praxis lassen, mit der Begründung: ‚Deine Mangelerkrankung wird dich zwar töten, wenn ich dir nicht helfe. Aber du kommst hier nicht rein, weil ich Gesundheit besser finde als Krankheit‘ Wie kann denn überhaupt jemand gottlos sein? Ist Gott nicht bei jedem Menschen?“ Sie erinnerte an den gütigen Gott und daran, dass auch Jesus sich für die Sünder einsetzte: „Gott machte einen Hirten zum König. David, einen Suchenden, noch immer nicht angekommen, fehlerhaft, keineswegs perfekt, menschlich. So wie ich. So wie du. Du musst kein Heiliger sein, ein Mensch reicht. Denn da ist ein Licht in uns. Du musst kein Superheld sein, der die Welt rettet. Es reicht, wenn wir es versuchen“. Den ganzen Kommentar gibt es hier zum nachlesen.

Im Altarraum fand nun die Blinde den Frieden, den sie schon länger jagte. Der Frieden auf der Flucht, mittlerweile überzeugt davon, dass die Menschen ihn nicht wollen, weil überall Streit und Unfriede herrscht. Eindeutige Identitätsprobleme attestierte ihm die Blinde und ließ ihm die drei Bedeutungen nach Duden vorlesen: Das Gegenteil von Krieg oder Streit; der Zustand von Harmonie; die Geborgenheit in Gott. Und auch wenn die ersten beiden Bedeutungen nie absolut existieren könnten, Geborgenheit in Gott könne immer gefunden werden – darauf einigen sich die beiden schließlich. Dennoch plagt den Frieden ein Detail: „Warum steht denn da ‚jage ihm nach‘? Wie soll der Friede gejagt werden?“. Und die Blinde antwortet „Ich verstehe das nicht als Jagd, sondern eher im Sinne von ‚nachjagen‘, also folgen“. Damit konnte dann auch der Frieden seinen Frieden machen.

Sarah Bundtzen aus der Kirchengemeinde Hütten predigte über den Frieden: „Das der Frieden nicht von allein kommt ist uns eigentlich klar, oder? Der kommt nicht einfach per Post, den kann man auch nicht bestellen. Nein, das ist unsere Aufgabe. Wir müssen handeln“. Sie erinnerte an den Friedensstifter Martin Luther King, der sich für andere stark machte: „Letztendlich hat er das für Andere getan, nicht für sich selbst und dafür wurde er umgebracht“. Doch sie stellt klar, dass wir mit dieser großen Aufgabe nicht allein gelassen werden: „Wenn wir den Frieden für uns gefunden haben, dann wird Gott uns zu einem Friedensstifter machen. Er schenkt uns den Mut, sich einzumischen, die Kraft, den Schwächeren zu helfen und uns für den Frieden an jenen Orten allezeit einzusetzen“.

In einer geplanten Unterbrechung war die Gemeinde aufgerufen, an verschiedenen Stationen etwas zum Thema Frieden, Krieg, Flucht und Gerechtigkeit zu erfahren: In einem Memory-Spiel mussten Ressourcen und ihre Grenzen zueinander gebracht werden, beispielsweise die Ressource Edelmetalle und die Tatsache, dass es nur begrenzte Vorkommen gibt. Drei Jugendliche zeigten Piktogramme, die von der Diakonie im Oldenburger Land erstellt wurden um Geflüchteten zu helfen, sich bei uns zurechtzufinden. Mittels hölzerner Fußabdrücke und unterschiedlich großen Wassergefäßen sollten die Besucher und Besucherinnen zuordnen, in welchen Ländern unter anderem der Wasserverbrauch am höchsten ist. Auf einer großen Weltkarte wurde die Anzahl an Menschen der Höhe des Reichtums in einer Region gegenübergestellt, an einer Station konnten Bilder gemalt werden und an anderer Stelle Kommunikation mittels Kissen ausprobiert. Der Lerneffekt aus den Kissen? Wenn keiner weiß, was der andere will, kommt man nicht auf einen Nenner.

Zum Abschluss folgt auch ein Jugendgottesdienst dem klassischen Ablauf: Carla Becherle, Ilvy Engel und Johanna Neupert aus der Kirchengemeinde Hütten sprachen die Fürbitten, beteten gemeinsam mit der Gemeinde das Vaterunser und sprachen den abschließenden Segen. Anschließend konnten sich die Besucherinnen und Besucher mit einem alkoholfreien Cocktail von JIMS BAR in den lauen Sommerabend verabschieden.

Kirche im Norden