Im lutherischen Gottesdienst der palästinensischen Christen waren wir zu Gast und eingeladen, mit zu singen und mit zu beten. Liedanzeigetafeln gab es nicht, die hätten wir auch gar nicht entziffern können – ist eben eine andere Sprache mit eigenen Zeichen. Und dann schlagen sie das Buch von hinten auf, schreiben und lesen von rechts nach links …. und so schreiben sie auch die Noten! (siehe Foto). Es ist schon eine verkehrte, verdrehte Welt – erst recht, wenn dann die Mitglieder der Gemeinde aus ihrem Leben erzählen: In ihren Gebieten gibt es wenig Arbeit, darum arbeiten etliche in Jerusalem (nur 9 km entfernt), und müssen jeden Tag den Checkpoint passieren. Diese Checkpoints sind hochabgesicherte Durchgänge in der langen Grenzen zur Westbank – oft mit einer 5 - 6 Meter hohen Betonmauer. Und wenn diese Mauer die Menschen dann auch von ihren Olivenhainen trennt, können Existenzen vernichtet werden.
Und weil das so ist, gehen viele ins Ausland: „Ich habe allein in Deutschland 180 Angehörige, die froh sind, nun in Freiheit und sicher leben zu können“, sagt der Pastor der Gemeinde. „Aber sie alle würden am liebsten wieder zurückkehren – aber nicht unter den jetzigen Bedingungen von Arbeitslosigkeit, Gewalt und auch harscher Abschottung“.
Die Israelis, mit denen wir ins Gespräch kommen, sehen das „natürlich“ durch ihre Augen und sprechen von der Notwendigkeit, durch Abgrenzung Sicherheit zu bekommen und dass es so schon rechtens sei mit den Sperranlagen, den Siedlungen, dem unterschiedlichen Status in der Staatsbürgerschaft.
Es sind doch „nur“ die zwei Seiten der einen Münze – aber wenn man auf die eine schaut und hört, kommt einem der Standpunkt der anderen schlichtweg verkehrt vor; und dreht man die Münze um, haben wieder die anderen Recht. Eine verdrehte Welt … aber überall findet sich, in jeder Sprache, das Gebet und die Hoffnung auf Gottes Frieden! Wer fängt an, diese Verdrehungen mal behutsam gerade zu rücken?
Ein Bericht von Henning Halver